brnokid

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Friday, April 14, 2006

Israels Rückzug aus den Siedlungsgebieten

von Thomas Gutschker im Rheinischen Merkur vom 30. März 2006

Zitat:
»Anders als Scharon wird er sich in den nächsten Jahren aber nicht mit einem einseitigen Rückzug aus den Siedlungsgebieten in den Geschichtsbüchern verewigen können.
Für diesen Plan – Kern seines Wahlkampfs – hat Olmert keine Mehrheit bekommen.
Die Koalitionspartner, die er nun benötigt, werden zusammen ebenso stark sein wie Kadima und müssen sich keine „Umgruppierung der Siedler" im Westjordanland diktieren lassen.
Vielmehr können sie auf ihre eigene Agenda pochen, die mehr auf die Innenpolitik zielt.«

Zitat:
»Denn manchmal ist der Status quo doch besser als überhastetes Handeln.
Der Westen dürfte niemals akzeptieren, dass Israel seine Staatsgrenze weit nach Palästina hineinverlegt, wie Olmert es vorhatte.«

Quelle: Blick nach innen - Ehud Olmert kann regieren.
Ein Mandat für den Rückzug vom Jordan hat er aber nicht, THOMAS GUTSCHKER Rheinischer Merkur Nr. 13, 30.03.2006


Meine Antwort


Sehr geehrter Herr Thomas Gutschker!

Olmerts Rückzug aus den Siedlungsgebieten

Wozu für diesen Rückzug noch "ein Mandat vom Wähler"? Von den Wählern in Israel?
Sollen diese Worte wieder eine "Volksabstimmung über die Einhaltung des Völkerrechts" implizieren?

Kein Rechtsstaatlicher Demokratischer Staat hat den freien Rechtsraum, darüber abstimmen zu können, ob er das Völkerrecht einhalten will oder nicht. Schon gar nicht dann, wenn er sich mit seiner Unterschrift verpflichtet hat, es einzuhalten.

Es ist nicht mehr nur verblüffend, wie das Völkerrecht in Europa - und hier in der Deutschen Presse - vergessen worden ist! Sondern es ist erschreckend.
Wie kann ein Staat noch über die Einhaltung des Völkerrechts abstimmen wollen, das einzuhalten er mit seiner Unterschrift verpflichtet ist?

Alle Bemühungen am Völkerrecht vorbei sind für mich pure politische Unsinnigkeit !
Israel ist Unterzeichnerstaat der IV. Genfer Konvention von 1949!
Nach Art. 1 sind alle Unterzeichnerstaaten dazu verpflichtet, diese Konvention "unter allen Umständen" durchzusetzen. Das gilt auch für die Bundesrepublik Deutschland als Unterzeichnerstaat. Mit ihr besteht auch für die Deutsche Presse die Verpflichtung, dieses Handeln zu fordern und zu unterstützen.

Art. 1, IV. GK
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, das vorliegende Abkommen unter allen Umständen einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen.

Quellentext

Auch der Hinweis, der Westen dürfte nicht akzeptieren, daß Israel seine Staatsgrenze weit nach Palästina hineinverlegt, beweist wieder einmal, wie so oft in der Deutschen Presse, die Unkenntnis über das Siedlungsverbot für die Besatzungsmacht im Völkerrecht.

Artikel 49 ( 6 ), Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten - Abschnitt III Besetzte Gebiete
Quellentext: http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_518_51/a49.html

Zudem entspricht diese Handlungsweise
»Es sei besser, den Status quo bestehen zu lassen als überhastet zu handeln.«
den fahrigen Zickzack-Zügen eines Winkeladvokaten.
Der sowohl seine Mandantschaft als auch die gegnerische Partei über die Ziele seiner Absichten im Unklaren lassen will, um für sein eigenes Handeln - auch für die Höhe des Streitwertes und die Höhe seines Honorares - stets neue Optionen zu eröffnen und sie offen zu halten.

Schon die Worte "überhastet zu handeln" stellt gegenüber dem eindeutigen Verbot des Völkerrechts eine entschiedene Provokation dar.
Vom Völkerrecht ist weder an diesem Vorgehen etwas zu erkennen noch ist davon in der Deutschen Presse etwas zu lesen!

Doch das Völkerrechtsreferat im Auswärtigen Amt bestätigte mir die Gültigkeit der IV. GK für die Besetzten Palästinensischen Gebiete.
Schreiben des Völkerrechtsreferats im Auswärtigen Amt vom 13. Feburar 2006

Es ist für mich daher wieder verblüffend, feststellen zu müssen, wie von und in unserer Rechtsstaatlichen Demokratie, das Völkerrecht in einem bestimmten Fall weder von der Politik noch von der Presse nachvollziehbar beachtet und befolgt wird.
Obwohl das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Regeln des Völkerrechts eindeutig nicht nur zum Maßstab ihres Demokratischen Rechtsverständnisses erhebt, sondern auch über das Grundgesetz selbst stellt.

Artikel 25 [Vorrang des Völkerrechts]
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Quellentext: Artikel 25 [Vorrang des Völkerrechts]

Unter den Begriff "Bewohner des Bundesgebietes" fallen sowohl die Mitglieder der Bundesregierung als auch die Journalisten der Deutschen Presse.


16 Nisan 5766 * 14. April 2006 © Heinz Kobald

Friday, April 07, 2006


Nachdenklichkeiten zum Schreiben des Völkerrechtsreferates im AA vom 13. Februar 2006


Nach dem ersten Durchlesen hat mich eine Nachdenklichkeit ergriffen.
Wie sollte ich hier die Reihenfolge der angesprochenen Themen, ihre Anordnung der Wichtigkeit nach, also ihre Nachordnung oder Über- und Unterordnung auswerten?
Welcher Maßstab der Wertigkeiten wird dieser Anordnung gerecht?

In meinem Schreiben stand die Forderung des Siedlungsverbotes in der Genfer Konvention am Anfang.
Und meine Frage, warum davon in der Deutschen Presse nichts zu lesen ist.
Die Antwort des AA dagegen beginnt mit dem Bekenntnis zum Existenzrecht Israels.
"Das Bekenntnis zur Sicherheit und zum Existenzrecht Israel bleibt ein unverrückbarer Eckpfeiler deutscher Außenpolitik."
Nun ist dagegen, nicht nur grundsätzlich nichts einzuwenden, sondern generell nichts daran auszusetzen.
Nur, bei der Forderung im
" ... Standpunkt der Bundesregierung, daß das palästinensische Volk das Recht auf einen eigenen Staat habe ... "
ist es schon auffallend, daß hier der Konjunktiv gebraucht wird.
Also nicht wie beim "Eckpfeiler, der unverückbar" ist.

Zudem erscheinen auch hier keine präzisen Forderungen in Bezug auf den Umfang eines Staatsgebietes für den Staat der Palästinenser.
Schon hier wäre der Artikel 49 letzter Satz der IV. Genfer Konvention von 1949 mit seiner Forderung nach Freigabe des seit 1967 durch Krieg erobertem Gebiet und den jüdischen Siedlungen anzusetzen.

Wenn man es überhaupt für angebracht hält, das Existenzrecht Israels vor diese Forderung des Völkerrechts zu setzen.
So ohne Bedeutung ist die Tatsache bei der Betrachtung des Schreibens auch nicht, daß hier das Völkerrechtsreferat des AA antwortet.
Auch ihm scheint das Existenzrecht Israels näher zu liegen als das Verbot der Besiedlung des besetzten palästinensischen Landes mit der israelischen Bevölkerung.

Am Schluß des Schreibens folgt die vorsichtige Sprache der Diplomatie auf höchster Stufe.
"Betreffend die Ausführungen zum IV. Genfer Abkommen ... ist darauf hinzuweisen, daß dieses Abkommen nach Ansicht der Vereinten Nationen ... einschließlich Deutschlands - geteilt wird, in den von Israel besetzten ... Anwendung findet."
Nur nicht auffallen.
Im nächsten Satz taucht Deutschland als selbständiges Subjekt nicht mehr auf, sondern ist in dem Wort Staatengemeinschaft - hoffentlich noch - gedanklich gemeint, die "die Siedlungstätigkeit Israels ... als mit ... des IV. Genfer Abkommens unvereinbar verurteilt."
Der Name Deutschland soll im Zusammenhang mit der hier ausgesprochenen Verurteilung nicht erscheinen.
Hinsichtlich der Bekräftigung dieses Rechtsstandpunktes in Erklärungen verbirgt sich Deutschland im darauf folgenden Satz ebenfalls hinter der Europäischen Union.

Das ist also der Grund dafür, warum so wenig - bis nichts - in und von Deutschlands Politik über diese so eindeutige Forderung des Völkerrechts, das Israel die Besiedlung des Staatslandes für die Palästinenser nicht erlaubt, zu vernehmen ist.
Deutschland spricht die Forderung des Völkerrechtes nicht mit eigener Stimme und selbständig aus. Schon gar nicht stellt die Bundesregierung diese Forderung direkt an die Regierung Israels.
Die Formulierungen am Ende des Schreibens aus dem Völkerrechtsreferat im AA haben dies nur zu deutlich werden lassen.

Mir sind keine Presseberichte bekannt geworden, in denen diese Forderung eindeutig geschehen sein sollte. Obwohl es kein Geheimnis ist, daß auch die Deutsche Presse - ihre außergewöhnlich begabten Journalisten bei der Aufspürung von Nachrichten aller Art - durchaus sehr fähig und erfolgreich ist.

Nun ist aber das Eintreten für das Völkerrecht im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die zentrale Verpflichtung.
Das Völkerrecht steht sogar über dem Grundgesetz. Das Gewicht dieses Völkerrechtes erhält es im ganz besonderen Maße aus dem Grunde seines Entstehens. Der vorausgegangenen Herrschaft der Nationalsozialisten über Deutschland und der damit verbundenen Verletzung der Menschlichkeit durch den Völkermord an der jüdischen Bevölkerung in Deutschland - und - in Europa.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Präambel -
»Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.«
Quelltext:
http://www.bpb.de/wissen/89EEKH,0,0,Pr%E4ambel.html

Artikel 1 - Menschenwürde; Grundrechtsbindung der staatlichen Gewalt
( 1 ) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
( 2 ) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
( 3 ) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Quelltext:
http://www.bpb.de/wissen/BGWB5C,0,0,Artikel_1%3A_Menschenw%FCrde%3B_Grundrechtsbindung_der_staatlichen_Gewalt.html

Möglicherweise könnte bei zu schnellem Lesen ein falscher Zusammenhang hergestellt werden.
Artikel 1 Abs.2 enthält nicht die Einschränkung, daß eine Zusammenarbeit Deutschlands für die Ziele des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt, nur die menschlichen Gemeinschaften einbezieht, die den Frieden und die Gerechtigkeit schon verwirklicht haben.
Davor trennt ein kleines Zeichen, das Komma.

Die Einhaltung der Menschenrechte ist die Grundlage für die Gerechtigkeit und den Frieden.

Artikel 25 - Völkerrecht und Bundesrecht
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Quelltext:
http://www.bpb.de/wissen/S2Z87K,0,0,Artikel_25%3A_V%F6lkerrecht_und_Bundesrecht.html

Auch ist auf der Werteskala des Rechtes, das Völkerrecht unbestritten höher anzusetzen als das Existenzrecht eines Staates.
Wer das nicht genau liest, jedoch falsch verstehen will, der könnte die Folgerung anstellen, das Völkerrecht dürfte von einem Staat die Aufgabe seiner Existenz verlangen.
Das würde jedoch auch das Völkerrecht nicht zulassen. Denn es ist ja gerade das Gesetzeswerk, das den Menschen, sein Leben, dessen Unversehrtheit und seine Würde schützen soll.
Das sollte als gesichert angenommen werden.

Im Falle Palästinas aber, der Palästinenser auf ihrem Land, scheint eine andere Entwicklung vor sich zu gehen.
Neben der Forderung für das Existenzrecht Israels wird nicht - von keiner der Europäischen Demokratien - das Existenzrecht der Palästinenser auf ihrem Land gefordert. Und zwar auf der selben "Augenhöhe" mit Israel.
Und das auch mit dem selben Nachdruck wie der Gewaltverzicht von der Hamas.

Da sind von der neuen Außenministerin Israels, Zipi Livni, sehr deutliche Worte zur Situation zu vernehmen.
»Livni, deren Vater bereits für den Likud in der Knesset saß, unterstützt ohne Einschränkungen den Kurs Scharons, die künftigen Grenzen Israels ohne die Palästinenser festzulegen. Vor wenigen Wochen erst verriet sie in überraschender Offenheit, dass man nicht blind sein müsse, um zu erkennen, dass der Trennzaun eine Grenze sei
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.12, 16. Januar 2006, Seite 4, "Tsipi Livni - Designierte Außenministerin Israels",
Thorsten Schmitz

Die Forderung an die Regierung Israels, die Besiedlung zu beenden, die jüdischen Siedler aus Palästina zurück zu nehmen, müßte sich - zwangsweise auch für Deutschland - an einen "Verbündeten" richten. Der es - sogar mit Vorsatz - ablehnt, das Völkerrecht in dem von ihm besetzten Land zu befolgen. Und sich trotzdem als Demokratie bezeichnet.

Offensichtlich aber entsteht aus dieser Tatsache für die Bundesregierung kein Konflikt mit dem eigenen Grundgesetz, allein nur für diesen "Verbündeten" ein Existenzrecht zu fordern.
Die Existenz der Palästinenser aber, das Verbleiben auf ihrem Land, ohne von Israels Armee davon vertrieben zu werden, weiterhin - seit bald vier Jahrzehnten - von den jüdischen Siedlungen unter dem Schutz der Waffengewalt der Besatzungsarmee bedrohen zu lassen.

Diese nicht vorhandene Eigenständigkeit in der Politik der Bundesregierung ist seit Jahren anhand der nicht zu lesenden Berichte in der Presse zu beobachten, die Artikel 49 der IV. GK - ohne Skrupel zu zeigen -, verschweigen.
Während sie in zahlreichen Berichten über die Verletzungen der Menschenrechte durch die Armee der USA und über die innenpolitischen Machtkämpfe in den Vereinigten Staaten über das Folterverbot durchaus profunde Kenntnis von dieser Konvention beweisen.

Im Hinblick auf den "Kampf gegen den Terrorismus", den beinahe angezündeten "Kampf der Kulturen" mit den Karikaturen über Mohammed, den Propheten des Islam, wird nicht bedacht, welche Handlungen der "Recht Schaffenden" den Nährboden für diese "Kulturen" vorbereiten.
Nachdem ich nach dem GG "das Deutsche Volk" bin - auch nach dem Motto "Du bist Deutschland" - habe ich mich zu diesen Nachdenlichkeiten hinreißen lassen.

20 Shevat 5766 * 18. Februar 2006 © Heinz Kobald